Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben - Kräftig am Zug

Seilwinden mit 60 kN Zugkraft sind sowohl in Forstbetrieben als auch im Bauernwald beliebt. Unterschiede gibt es bei der Bauart der Antriebe. Wir haben die Systeme Ketten- und Schneckenradgetriebe miteinander verglichen.

Für viele Seilwindenbenutzer ist die Frage des Windenan-triebes nahezu eine Glau-bensangelegenheit. Die Getriebe-seilwinde hat den Ruf, langlebiger und wartungsfreundlicher als ein Gerät mit Kettenantrieb zu sein. Aber auch deutlich teurer, weshalb sich ihr Kauf vermeintlich nur für Forstprofis lohnt. Andererseits wird der Seilwinde mit Kettenantrieb unterstellt, zwar vergleichs-weise günstig, jedoch weniger leis-tungsstark zu sein. Seilwindenher-steller Pfanzelt hat mit seiner S-Line Baureihe eine kostengünstige Getriebeseilwinde speziell für den Waldbauern auf den Markt ge-bracht. Wir haben die Getriebeseil-winde mit einer kettengetriebenen Winde aus dem Hause Tajfun ver-glichen und geprüft, inwieweit die Vorurteile stimmen.

 

Die Testkandidaten

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Die Nennzugkraft der Winde von Pfanzelt beträgt laut Betriebsanlei-tung 6 kN, das Gerät von Tajfun ist auf dem Papier 0,5 kN stärker. Bei-de Seilwinden waren mit einem aufpreispflichtigen, 1,8 m breiten Rückeschild (Preis Pfanzelt: 420 €, Tajfun: 240 €) ausgestattet. In Testausstattung brachten beide Win-den um die 600 kg auf die Waage. Als Sonderausstattung lieferte Pfanzelt eine Seileinlaufbremse für 1560 €, Tajfun installierte einen hydraulischen Seilausstoß für 1320 €. Die Funksteuerung kostete bei Tajfun 1090 € extra, bei Pfan-zelt ist sie inklusive. Beide Herstel-ler bringen eine Notsteuerung mit. Insgesamt beträgt der Verkaufs-preis ohne Mehrwertsteuer für die kettengetriebene Winde in Test-konfiguration 7780 €, die Getriebe-winde schlägt mit zu Buche 9570 €.

 

Technische Unterschiede

Mit rund 1800 € ist die Getriebe-seilwinde auf dem Papier erst einmal teurer. Konstruktion und Auf-bau eines Getriebes sind aufwen-dig. Die Toleranzen erfordern eine höhere Präzision, zudem sind die Zahn- bzw. Schneckenräder spezi-ell gefräst und gehärtet. Der Auf-bau eines Kettenantriebs besteht grundsätzlich aus weniger Bautei-len als ein Getriebe. Mitunter han-delt es sich um „Normteile“, her-gestellt in großen Stückzahlen. Das gilt beispielsweise für die Ketten und Zahnräder. Der Mehraufwand spiegelt den höheren Preis für die Getriebeseilwinde wider.

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Pfanzelt setzt für eine verlust- und wartungsfreundliche Kraftüber-tragung auf ein Getriebe. Von der Gelenkwelle aus wird die An-triebskraft über ein Schneckenradgetriebe auf die Hauptwelle übertragen. Sie ist mit dem Schneckenrad verzahnt und treibt die Seiltrommel im Übersetzungsver-hältnis 1 : 14,5 an. Für den Kraft-schluss zwischen Seiltrommel und Hauptwelle sorgt eine Kupp-lung mit insgesamt 13 Lamellen. Auch sie wird hydraulisch gesteuert. Die Antriebseinheit aus Getriebe und Seiltrommel ist quer zur Fahrtrichtung angeordnet. Das soll Kraft beim Seilauszug sparen: Laut KWF-Prüf- bericht (Kuratorium für Waldar- beit und Forsttechnik) benötigen die S-Line Seilwinden zum Seilauszug mit 30 N den geringsten Kraftbedarf. Gebremst wird die Seiltrommel mithilfe einer Lamellenbremse, die innerhalb der Trommel verbaut ist. Zudem verfügt die An-triebseinheit über eine einstellbare Nachlaufbremse.

 

Die Zugkraft überzeugte

Der Dauereinsatz verlief ohne Schwierigkeiten, die Arbeit ging mit beiden Geräten zügig voran. Die Winden zogen die Stämme – zum Teil mehr als 1,5 fm stark – zuverlässig hangauf- wie hangabwärts aus den Beständen. Einzig bei einer sehr starken Lärche war ein Trennschnitt nötig, um sie mit der S-Line von Pfanzelt aus einem Siepen zu schleppen. Die Winde des slowenischen Herstellers Taj-fun musste zuvor ebenfalls kapitu-lieren. Deutliche Zugkraftunterschiede waren nicht spürbar. Jedoch tat sich die EGV 65 AHK oftmals etwas schwerer, wenn sie einen WobserStamm auf kurze Distanzen und mit voller Seiltrommel heranzog. Der Grund sind die unterschiedlichen Seiltrommelabmessungen: Tajfun verbaut eine schmalere Trommel. Darum ist der Hebel bei aufgewickeltem Seil größer als beim Pfanzelt-Modell. Bei gleichbleibendem Drehmoment sinkt dementsprechend die Zugkraft. Die anschließenden Messungen bestätigten diesen Eindruck. Bei Lastfahrten funktionierten die Bremsen der Seiltrommeln beider Hersteller durchweg einwandfrei. Nicht einmal bei anhaltendem Dauerregen gab es Probleme.

 

Das hat uns gut gefallen

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Die S 160 des bayeri-schen Herstellers ver-richtete ihre Arbeit im-mer sehr leise. Der An- und Abbau der S-Line Winde war aufgrund des größeren Abstands zum Schlepper komfortabler. Pfanzelt bietet obendrein Unterlenkerverlängerungen an, die den Anbau zusätzlich verbessern. Beide Bedienungsanleitungen erklären alle Funktionen verständlich. Pfanzelt ist dabei jedoch deutlich detaillierter und liefert ergänzend farbliche Abbildungen.

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Das ist uns an den Fabrikaten aufgefallen

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Bei der S-Line von Pfanzelt lässt sich das Seil auch ohne Seilausstoß leicht und bequem von der Trommel abwickeln. Beim Lösen unter Last dreht die Trommel jedoch viel zu schnell, sodass Seilverletzungen und Überwicklungen die Folge sind. In der Praxis ließ sich das nur mit einer entsprechend stramm eingestellten Nachlaufbremse verhindern. Jedoch stieg damit auch der Kraftbedarf zum Abspulen des Windenseiles. Darüber hinaus ist die Stellschrau-be schwer erreichbar. Hier gibt es seit wenigen Monaten eine Marktneuheit – die automatisierte Trommelnachlaufbremse PTB, teilte Pfanzelt mit. Löst der Windenbediener das unter Spannung stehende Seil, sorgt das oft für Unordnung auf der Seiltrommel. Die Trommelnachlaufbremse PTB bremst in solchen Fällen automatisiert die Trommel und soll so für eine saubere Seilwicklung sorgen. Die Technik soll zudem den Seilauszug zusätzlich erleichtern. PTB ist optional erhältlich und kostet 470 € Aufpreis.

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Unser Fazit

Beide Seilwindensysteme haben ihre Berechtigung. Die kettengetriebene Tajfun Seilwinde ist zuverlässig und bietet ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis – auch bezüglich der Reparaturkosten, sodass ihr Stellenwert als Marktführer nachvollziehbar ist. Allerdings hat Pfanzelt mit der S-Line Baureihe das Klischee der überteuerten Getriebeseilwinde ausgehebelt. Mit Mehrkosten von 1800 € bzw. 300 € ohne Seileinlaufbremse ist der Preis nahezu identisch. Hinzu kommt der niedrigere Wartungsaufwand. Die bayerische Technik wirkte im Testbetrieb alles in allem moderner und auch unser Experte war von der „kleinen“ Getriebeseilwinde überzeugt. Waldbauern und Semi-Profis sollten sich die Getriebewinde näher anschauen.

 

Kevin Schlotmann und Torsten Wobser

 

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